29.3.07

Lobbyistensterben in Bundesbern

Bonanza fragt
Gibt es eigentlich noch Lobbyisten im Bundeshaus?

Tigra sagt
Ja, aber sie sterben aus. Statistisch kann man das zwar nicht nachweisen, aber man sieht es anhand der Lobbypässe. Jedes Parlamentsmitglied kann 2 persönliche Pässe vergeben, mit denen man in den nichtöffentlichen Bereich (z. B. die Wandelhalle) des Bundeshauses vordringen darf. Doch je länger je mehr werden diese Lobbypässe für persönliche Mitarbeiter oder Familienmitglieder ausgestellt. Nur gerade ein Drittel der Pässe werden Lobbyisten vergeben, die immer weniger im Bundeshaus erscheinen. Einerseits ist das darauf zurückzuführen, dass die Lobbyisten vermehrt ausserhalb des Regierungsgebäudes ihre Arbeit verrichten, andererseits nimmt ihre Zahl stetig ab. Grund ist ein Phänomen, das fast nur im Schweizer Milizparlament zu beobachten ist: In den meisten Demokratien agieren die Parlamentarier als Vollzeitpolitiker, hierzulande gehen National- und Ständeräte nebenbei weltlichen Berufen nach. Wirtschaft, Verbände und Interessengruppen nutzen das aus und vergeben ihre lukrativen aber nicht gerade zeitaufwändigen Verwaltungsrats- und Beiratssitze jenen Parlamentariern, die ihrer Meinung nach am glaubwürdigsten ihre Interessen vertreten. Einige Räte, wie zum Beispiel der Zuger Ständerat Rolf Schweiger, machen gar nichts anderes als zwischen Verwaltungsratssitzungen hin und her zu rennen. Schweiger sitzt in 16 Verwaltungsräten, 4 Stiftungsräten und ist Mitglied in 4 Vereinen, von denen er 3 präsidiert (ja, Schweiger war der mit dem Burn-out). So kommt es also, dass die Parlamentarier selber zu Lobbyisten werden. Stellt sich nur die Frage, ob sie im Parlament noch die Interessen des Volkes oder die ihres Arbeitgebers vertreten.

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